Stolperstein – Rundgänge

Stolpersteinrundgänge in Schlachtensee

Im Folgenden werden in der Reihenfolge der Nummerierung auf der Karte vier Rundgänge vorgestellt, die auch kombinierbar sind: Rundgang 1 (südöstliche Route), Rundgang 2 (südwestliche Route), Rundgang 3 (nordöstliche Route) und Rundgang 4 (nordwestliche Route)

Sie führen an 22 Häusern vorbei, vor denen Stolpersteine liegen. Auf dem Weg werden auch Häuser mit ihren Bewohner*innen genannt, die verfolgt wurden, vor denen aber (noch) keine Stolpersteine liegen. Wir erwähnen außerdem einige zeitgeschichtlich interessante Orte und nennen auch Täter, um die Dichte der damaligen Situation anzudeuten. Der gemeinsame Ausgangs- und Endpunkt der Rundgänge ist jeweils die Johanneskirche.

Stolpersteinrundgang 1:

  • (01) Ahrenshooper Zeile 35          Stolpersteine für Reinhold Strassmann
                                                       und Richard und Marie Lewy-Lingen
  • (02) Ahrenshooper Zeile 43          Stolpersteine für Johanna und Alice Hertz
  • (03) Rhumeweg 23            Stolperstein für Erna Fürstenheim
  • (04) Lindenthaler Allee 29 Stolpersteine für Familie Silbermann und Jenny Hirsch
  • (05) Lindenthaler Allee 32 Stolperstein für Margarete Wolff
  • (06) Niklasstraße 5             Stolpersteine für Familie Flatow
  • (07) Niklasstraße 21-23     Stolperstein für Fritz Ascher
  • (08) Bergengruenstraße 57           Stolpersteine für Familie Lachmann und Siegfried Loewenthal
  • (09) Ilsensteinweg 11                    Stolperstein für Otto Janssen

Stolpersteinrundgang 2:

(09) Ilsensteinweg 11                 Stolperstein für Otto Janssen

  • (10) Spanische Allee 8              Stolpersteine für Johanna Königsberger,
    + 10-12                                   Sophie Goldschmidt, Anna Loewenberg, Theodor Loewenthal, . Johanna Stahl und Emma Weigert
    (11) Kurstraße 3                            Stolperstein für Mieczyslaw Nathanblut
  • (12) Tewsstraße 21                        Stolperstein für Arthur Sello
  • (13) Reifträgerweg 19                  Stolperstein für Friedrich Rudolf Guttstadt

Stolpersteinrundgang 3

  • (14) Kirchblick 3                            Stolpersteine für Familie Casparius
  • (15) Am Schlachtensee 38 Stolpersteine für Familie Malinowski
  • (16) Limastraße 29             Stolpersteine für Familie Schocken
  • (17) Kleiststraße 12                       Stolperstein für Caecilie Weiß
  • (18) Limastraße 2               Stolperstein für Max Cantor
  • (19) Goethestraße 2                      Stolperstein für Johannes Kreiselmeier

Stolpersteinrundgang 4

  • (20) Rolandstraße 2                     Stolperstein für Gertrud Gerson
  • (21) Rolandstraße 4           Stolpersteine für Familie Fromm/Brandenburg
  • (22) Ernst-Ring-Straße 2    Stolpersteine für Familie Sultan/Guttsmann

Plätze und Orte:

( a )      Heinrich-Albertz-Platz         

( b )      Wohnhaus von Ruth Wendland                       Dubrowstraße 14

( c )      Hedwig-und-Georg-Flatow-Platz    

( d )      Wohnhaus von Cäsar von Hofacker            Niklasstraße 12

( e )      ehem. Gemeindehaus                                         Ilsensteinweg 19/23

( f )      erste Gemeindeschule und Gemeindehaus Dubrowplatz 4           

( g )      Hochbunker                                                              Niklasstraße 66         

( h )      Guernicaplatz

( i )       Wohnhaus von Fritz und Trude Wisten          Waldsängerpfad   3

( j )       Wohnhaus von Admiral Wilhelm Canaris   Waldsängerpfad 17

  • (01) In der Ahrenshooper Zeile 35 wohnten seit 1927 Prof. Dr. Fritz Strassmann (1858 – 1940),einer der führenden Gerichtsmediziner, mit seiner Frau Rosalie (1866 – 1934) und seinen Kindern.

Sein jüngster Sohn Dr. Reinhold Strassmann (1893-1944) war wie auch sein Bruder Georg schon kurz nach seiner Geburt evangelisch getauft worden. In Schlachtensee besuchte Reinhold Strassmann regelmäßig den Gottesdienst in der Johanneskirche und berichtete später in Briefen an seinen Bruder, der 1938 mit Frau und Sohn in die USA emigriert war, welch Trost und Ermutigung ihm dadurch zuteilwurde. Die Gemeindehelferin Hanna Reichmuth besuchte ihn wie andere „nicht-arische“ Christen regelmäßig.

Reinhold blieb bei seinem Vater, da für den schwerkranken Mann keine Aussicht auf Emigration bestand. Seine Hinfälligkeit bewahrte ihn auch im November 1938 vor der Verschleppung ins KZ Oranienburg. Er starb im Januar 1940. Seine Frau Rosalie war schon 1934 gestorben.

Im September 1939 erreichte Reinhold, dass die Nichte seines Vaters, Marie Gertrud Lewy-Lingen (1892 – 1942), und deren Mann Richard zu ihm ziehen durften. Sie hatten ihre Kinder 1939 nach England in Sicherheit bringen können, schafften es aber selber nicht mehr, in die USA zu emigrieren. Dr. Richard Lewy-Lingen (1881 – 1942) war bis zu seiner Zwangsentlassung 1936 Landgerichts- direktor. Als Richard und Marie Lewy die Aufforderung zur Deportation bekamen, setzten sie am 13. Oktober 1942 ihrem Leben ein Ende.

Nach dem Tod des Vaters 1940 hatte Reinholdversucht, noch ein Visum für die USA zu erhalten. Er bekam beim Konsulat die Vormerknummer 78.632 auf der Warteliste. 1941 wurde Reinhold gezwungen, das Haus in der Ahrenshooper Zeile zu verkaufen. Die Luftwaffe wurde der neue Eigentümer.

Ab Januar 1943 musste Reinhold Strassmann im Bayerischen Viertel Zwangsarbeit beim Bombenräumkommando leisten. Reinhold wurde mit dem 101. Alterstransport am 9. Februar 1944 vom Bahnhof Grunewald nach Theresienstadt deportiert, von dort am 23. Oktober 1944 weiter nach Auschwitz und dort ermordet. Am 23.Oktober 2011 wurden die drei Stolpersteine vor dem Haus verlegt.

(02) Ahrenshooper Zeile 43: Hier wohnten Alice Hertz, geb. 1872 in Hamburg, die zusammen mit ihrer Schwester Johanna Hertz, geb.1879 in Hamburg mit dem 67. Alterstransport am 25.09.1942 nach Theresienstadt deportiert und dort am 04.12.1942 ermordet wurde. Ihre Schwester wurde von dort 1944 nach Auschwitz in den Tod geschickt. Das Todesdatum ist nicht bekannt. Die Stolpersteine für die Schwestern Hertz wurden am 14.06.2021 verlegt.

Aus dem Gedenkbuch und den Transportlisten wissen wir, dass in diesem Haus auch Grete Reich, geb. 1877 in Bischofswerder/Westpreußen gelebt hat. Sie war Diplom-Handelslehrerin. Sie lebte vorher in der Argentinischen Allee 201, was ihr „letzter freigewählter Wohnort“ war. Nach der Karteikarte der Volkszählung von 1939 wohnte sie spätestens ab diesem Zeitpunkt in der Ahrenshooper Zeile 43 „bei Hertz“. Sie wurde von hier mit dem 9. Transport am 19.01.1942 nach Riga deportiert und dort ermordet.

(03) Der nächste Stolperstein liegt vor dem Haus Rhumeweg 23 für Erna Fürstenheim (1877 – 1942). Er wurde am 15.06.2012 verlegt.

Über sie ist wenig bekannt, sie wurde 1877 in Berlin geboren und ist die Schwester von Frieda Fürstenheim. Beide galten trotz ihres christlichen Glaubens unter den Nazis als „Volljüdinnen“.

Erna Fürstenheimerblindete und als ihr 1939 das Zimmer in der damaligen Kossinastraße 23 gekündigt wurde, wandte sie sich an Friedrich von Bodelschwingh, mit der Bitte um Aufnahme in Bethel oder Lobetal, was nicht möglich war

Sie zog dann mit ihrer Schwester Frieda Fürstenheim, die als ausgebildete Lehrerin ab 1939 an der vom Büro Grüber und dem Hilfswerk beim bischöflichen Ordinariat gegründeten „Familienschule“ und später an der 1. Jüdischen Volksschule bis 1942 tätig war, in die Lietzenburger Straße 34 und wohnte mit ihr bei Landgerichtsdirektor a.D. Dr. Dafis bis zu ihrer Deportation nach Sobibor am 02. Juni 1942, wo sie ermordet wurde. Der Stolperstein wurde am 15. Juni 2012 verlegt.

(Siehe: Hartmut Ludwig, An der Seite der Entrechteten und Schwachen, Zur Geschichte des „Büro Pfarrer Grüber“, Berlin 2009, S.69ff)

(04) In der Lindenthaler Allee 29 (damals Theodor-Frisch-Allee) wohnte die Familie Silbermann. Louis Leyser Silbermann (1879 – 1941), hatte mit seinem Bruder Max zusammen eine Seidenwaren-Agentur, er versuchte sich 1938/39 durch Emigration nach Frankreich zu retten, wurde aber dort später im Lager Gurs interniert und ist im Lager Récébédou bei Toulouse am 14.12. 1941 umgekommen.

Seine Frau Charlotte Silbermann, geb. 1893 in Berlin, geb. Richter, konnte zusammen mit ihrem Sohn Alfred (geb. 1915) 1940 nach Argentinien auswandern. Sie überlebten die NS-Zeit.

Der zweite Sohn Kurt (1911 – 1938) emigrierte 1936 in die Sowjetunion. Er wurde dort 1938 vom NKWD verhaftet und aufgrund von Verleumdungen zum Tode verurteilt und am 07.04.1938 in Moskau (Butovo) erschossen. 1989 wurde er rehabilitiert.

Dort wohnte von Mai 1938 bis Juni 1939 auch Jenny Hirsch (1921 – 1943). Sie stammte aus Tilsit und lebte später in Königsberg. Als 16jährige zog sie von dort nach Berlin. Sie wurde bis zu ihrer Deportation am 4. Februar 1943 zur Zwangsarbeit bei Siemens-Halske verpflichtet. Sie wurde am 19. Februar mit dem 29. Osttransport nach Auschwitz deportiert und ermordet. Jenny Hirsch wurde nur 21 Jahre alt. Die fünf Stolpersteine wurden dort am 31.03.2017 verlegt.

(05) Vor dem Haus Lindenthaler Allee 32 liegt der Stolperstein für Margarete Wolff (1876 – 1943), den Angehörigen am 13.05.2013 haben verlegen lassen. Sie wurde mit dem 61. Alterstransport am 10.09.1942 nach Theresienstadt deportiert und kam dort am 07.03.1943 um.

Sie war eine Gewerkschafterin und mit Margarethe Behm befreundet, die gleich um die Ecke in der Gilgestraße 5 wohnte. Margarete Wolff war in der Bekenntnisgemeinde Schlachtensee aktiv, sie hat u.a. zusammen mit ihrem Neffen Dr. Walther von Simson (Gilgestraße 7) einen Vorbereitungskurs für Hausbibelkreise besucht.

(06) In der Niklasstraße 5 wohnten Georg und Hedwig Flatow mit ihrer Tochter Ilse.Sie waren zwei deutsche Sozialdemokraten, die „glücklich waren, sich an der schrittweisen Entwicklung der deutschen Arbeiterbewegung beteiligen zu können“ und dann ab 1933 brutal erfahren mussten, dass sie als Juden rechtlos und unerwünscht waren und auch als Sozialdemokraten verfolgt wurden.

Dr. Georg Flatow (1889 – 1944) war Jurist und hat ab Dezember 1918 der sozialdemokratischen Reichsregierung in verschiedenen Funktionen gedient, zuletzt als Ministerialrat im Preußischen Ministerium für Handel, Gewerbe und Arbeit. Er war der führende Kommentator des Betriebsrätegesetzes von 1920, auf dem noch heute unser Betriebsverfassungsgesetz aufbaut.

Hedwig Flatow, geb. Wiener (1882 – 1944) war ausgebildete Sprachlehrerin und war sowohl im pädagogischen wie im sozialen Bereich tätig, u.a. als Dezernentin in der Städtischen Hinterbliebenenfürsorge.Im „Haus Flatow“ in der Niklasstraße 5 traf sich regelmäßig ein Kreis gleichgesinnter Sozialdemokraten wie Otto Suhr und Ernst Fraenkel.

Nach der Pogromnacht im November 1938 wurde auch Georg Flatow in das KZ Sachsenhausen verschleppt und kam durch die Zusage, umgehend Deutschland zu verlassen, im Dezember wieder frei. Im Februar 1939 emigrierte die Familie mit Hilfe eines guten Freundes nach Amsterdam. Ihre Tochter Ilse (1919 – 1995) konnte nach London emigrieren. In Amsterdam beteiligten sie sich beide aktiv am Aufbau des „Werkdorp Wieringen“, einem Ausbildungslager zur Vorbereitung vor allem deutscher Juden auf die Auswanderung nach Palästina. Georg und Hedwig Flatow konnten diese Möglichkeit nicht nutzen, sondern wurden nach der Besetzung der Niederlande durch die Deutschen im September 1943 im Sammellager Westerbork – wie Alfred Casparius, – interniert und von dort nach Theresienstadt deportiert.

Am 12. Oktober 1944 brachte sie dann ein Transport nach Auschwitz. Der Rabbiner Leo Baeck (1873 – 1956), ein Cousin von Hedwig Flatow, hat sie in Theresienstadt bei ihrem letzten schweren Gang zu den Waggons begleitet.

Die Tochter, die nach England emigrieren konnte, setzte diesen Tag als Todesdatum fest.

70 Jahre später wurden am 12. Oktober 2014 die drei Stolpersteine vor dem Haus Flatow in der Niklasstraße 5 verlegt. Der bisher namenlose Platz an der Lindenthaler Allee/Ecke Niklasstraße (siehe (c) ) wurde auch nach ihnen benannt.   (Siehe auch: (http://archive.org/details/georgflatowf001 ,

http://www.tagesspiegel.de/berlin/bezirke/zehlendorf/10813826.html )

(07) Niklasstraße 21/23: Hier lebte Fritz Ascher (1893 – 1970) im Haus seiner Eltern. „Er war einer der Berliner Expressionisten, der in den Salons der Weimarer Republik so geschätzt wurde wie George Grosz, Otto Dix oder John Heartfield“, schreibt der Tagesspiegel über ihn. (http://www.tagesspiegel.de/themen/reportage/20096550.html ). In New York wurde eine Fritz Ascher Gesellschaft gegründet, die auch die Patenschaft für die Verlegung eines Stolpersteins übernommen hat. Fritz Ascher wurde zeitweise verhaftet und durch Bemühungen u.a. des Büro Grubers unter Auflage freigelassen. Als er deportiert werden sollte, erfuhr er vorher davon und konnte er sich bei Martha Grassmann, die eine enge Freundin seiner Mutter war, in der Lassenstraße 28 drei Jahre lang verstecken. (http://fritzaschersociety.org/biography/ )Fritz Ascher überlebte, konnte aber an seine Zeit vor den Nazis nicht mehr anknüpfen und starb krank und vereinsamt 1970 in Berlin. Der Stolperstein für ihn wurde am 21.02.2018 verlegt.

(08) In dem 1924 erbauten Doppelhaus in der heutigen Bergengruenstraße 57 lebten Leopold und Rosa Lachmann, geb. Abraham (1881 – 1941). Es war ihr „letzter frei gewählter Wohnsitz“, bevor sie mit dem Transport DA 26 am 17.11.1941 von Berlin nach Kowno/Kaunas in Litauen deportiert wurden. Der Transport umfasste insgesamt 1.006 Personen. Bisher konnten 812 Namen eruiert werden. Alle Personen dieses Transports wurden am 25.11.1941 ermordet.

Ihr Sohn Manfred (1912 – 1986) war 1938 zeitweise im KZ Sachsenhausen inhaftiert. Ihm gelang direkt danach die Flucht in die USA. Er lebte dann in Los Angeles und heiratete dort 1948 Ilse Kornberg, die mit ihrer Mutter aus Hannover in das Ghetto Riga deportiert worden war und von dort über die Lager in Hamburg- Fuhlsbüttel und Kiel-Hassee nach dem Ende der Naziherrschaft mit Hilfe des schwedischen Roten Kreuzes 1945 in die USA emigrieren konnte.

Für die mütterliche Linie der Familie Kornberg/Rosenstern wurden 2023 Stolpersteine in Hannover verlegt.

Im Haus Bergengruenstraße 57 lebte seit 1934 auch der namhafte Jurist
Dr. Siegfried Loewenthal (1874 – 1951), der bereits 1933 seine Stellung als Landgerichtspräsident verlor. Er unterstütze jüdische Mitbürger unentgeltlich mit juristischem Rat und konnte mit Hilfe seiner Familie und Freunde überleben. Er wurde nach 1945 Präsident des Berliner Landgerichts.

Er starb am 18. März 1951 in Berlin. Sein Grab und das seiner Ehefrau befinden sich auf dem Waldfriedhof Berlin-Dahlem. Die vier Stolpersteine wurden am 23.05.2019 verlegt.

(09) Vor dem Haus im Ilsensteinweg 11 liegt ein Stolperstein für den Eisenbahner-Gewerkschafter Otto Janssen (1898 -1944), der aufgrund seiner politischen Gesinnung von den Nazis verfolgt und 1944 in Buchenwald starb. Der Stolperstein wurde auf Initiative der Eisenbahnergewerkschaft EVG am 29.4. 2019 verlegt.

(10)     In der Spanischen Allee liegt das Hubertus-Krankenhaus, auf dessen jetzigem Gelände früher das Sanatorium Schlachtensee (Spanische Allee 8 – 14, vorher Wannsee- bzw. Viktoriastraße) stand, dessen Häuser in der Zwischenzeit abgerissen sind. Eine Gedenkstele erinnert dort seit Juli 2016 an die wechselvolle Geschichte dieses Geländes.

Von dort sind sechs Schlachtenseer Juden deportiert worden.

Spanische Allee 8: Johanna Königsberger, geb. Fränkel, geboren am 21.10.1864 in Berlin, deportiert mit dem 27. Alterstransport am 22.07.1942 nach Theresienstadt und dort am 06.09.1942 ermordet. Sie lebte vorher im Ilsensteinweg 16 ( e ) (damals Albrechtstraße) und war eine vermögende Modeschmuckfabrikantin.  (https://schlachtenseesite.wordpress.com/ilsensteinweg-16/ )

Für ihre Tochter Else Schröder (1885 – 1944) wurde in Steglitz ein Stolperstein verlegt. (https://www.stolpersteine-berlin.de/biografie/5110 )

Ihr Sohn Erich wurde 1944 aus Frankreich nach Auschwitz deportiert und kam dort ums Leben. Ihre Schwester Zerline Tosch starb zusammen mit ihr in Theresienstadt. Für beide gibt es noch keine Stolpersteine.

Über die meisten anderen kennen wir nur wenig mehr als ihre Daten aus dem Gedenkbuch. Spanische Allee 10/12:

Sophie Goldschmidt, geb. Wolf wurde am28.03.1859 in Bleicherode (Grafschaft Hohenstein/Sachsen) geboren und mit dem 7. Alterstransport am 18.06.1942 nach Theresienstadt gebracht und dort am 03.07.1942 ermordet.

Emma Weigert, geb. Pappenheim wurde am 28.03.1861 in Berlin geboren und mit dem 52. Alterstransport am 28.08.1942 nach Theresienstadt deportiert und dort am 12.09.1942 ermordet.

Anna Loewenberg wurde am 20.12.1869 in Berlin geboren. Sie war Lehrerin und ist mit dem 62. Alterstransport am 11.09.1942 nach Theresienstadt deportiert und dort ermordet worden.

Johanna Stahl, geb. Lehmann wurde am 12.08.1886 in Berlin geboren und mit dem 39. Transport am 28.06.1943 nach Auschwitz deportiert und ist dort ermordet worden.

Über Theodor Loewenthal (1861 – 1942) wurde erst nach der Verlegung des Stolpersteins mehr bekannt. Seine Enkeltochter lebt seit 2012 in Berlin und hat schon 2013 einen Stolperstein für ihren Großvater vor dem Wohn- und Geschäftshaus der Familie in der Lietzenburger Straße 32 (damals: Achenbachstraße 4) verlegen lassen. Sie hat dafür auch sein Leben ausführlich und liebevoll beschrieben. (https://www.stolpersteine-berlin.de/biografie/5137 )

Theodor Loewenthal wurde am 04.03.1861 in Zeitlitz/Böhmen geboren. Mit frühen Jahren kam er nach Berlin und baute sich eine eigene Existenz mit einer Wurst- und Fleischwarenfabrik auf. 1939 zog er in das Altersheim in der Spanischen Allee ein, das er aber im Januar 1942 verlassen musste und in eine sog. „Judenwohnung“ am Bayerischen Platz 3 eingewiesen wurde. Von dort wurde er mit dem 17. Alterstransport am 08.07.1942 nach Theresienstadt deportiert und ist dort ermordet worden.

Kurz nach den Deportationen zog das Hygieneinstitut der Waffen-SS in der Spanischen Allee ein, das die vollständige Räumung der Gebäude gefordert hatte.

Am 26.06.2015 und am 13.6.2016 wurden dort auf Initiative und unter Beteiligung einer Klasse des Werner-von-Siemens-Gymnasiums die sechs Stolpersteine verlegt.

(11) Kurstraße 3: Hier wohnte Mieczyslaw Nathanblut (Natrowski), geboren 1882 in Warschau, Musiker und Schriftsteller (auch M. Natrowski, Animatus). Er arbeitete auch als Lektor und Dramaturg. Die nach dem 1. Weltkrieg erworbene deutsche Staatsangehörigkeit verlor er unter den Nazis wieder, sodass er staatenlos wurde. Er war mit dem Künstler Julius Hart und dessen Tochter Margarete (1885-1971), Malerin und Graphikerin, befreundet. Sie lernten sich um 1902 in der Neuen Gemeinschaft in Schlachtensee kennen. Ab 1935 waren Mieczyslaw Nathanblut und Grete Hart durch das „Blutschutzgesetz“ bedroht. Freunde konnten sie aber schützen. Mieczyslaw Nathanblut wurde mit dem 9. Osttransport am 19.01.1942 nach Riga deportiert (Liste Blatt 29, Nr. 6584) und verstarb dort.

Der Stolperstein wurde nach Recherchen von Schüler:innen des Werner-von-Siemens-Gymnasiums am 13.September 2022 verlegt.

(12)     Vor dem Zugang zur Tewsstraße 21 wurde am 15.08.2013 der Stolperstein für Arthur Sello (1872 – 1944) verlegt. Arthur Sellowurde 1872 in Bojanowo (Provinz Posen) geboren, er wuchs in Deutschland auf und ließ sich mit 14 Jahren taufen. Er studierte Jura und wurde als Soldat im 1. Weltkrieg mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet. In den zwanziger Jahren war er als Landgerichtsrat an verschiedenen Orten tätig. 1927 wurde er Vorsitzender des neu errichteten Landesarbeitsgerichts. Sellos Bemühungen um die Entwicklung und Verbesserung des Arbeitsrechts fanden 1933 durch seine zwangsweise Beurlaubung ein jähes Ende. Angesichts der Diskriminierungen emigrierten von den vier Kindern zwei Töchter.

„Unsere fröhliche sechsköpfige Familie beieinander– dies gab es nach 1934 nicht mehr“, schrieb seine Tochter Maria später. Das Ehepaar Sello konnte sich zur Emigration nicht entschließen.

Arthur Sello hoffte, gestützt auf seine optimistische Grundeinstellung und seinen Glauben, noch auf eine Wende zum Besseren und fand Rückhalt in den Bekenntnisgruppen der Kirchengemeinde Schlachtensee und leitete selber einen Hausbibelkreis für „nicht-arische Christen“. Seine Tochter, Maria Sello, war ebenfalls in der Bekennenden Kirche aktiv.

Der Stolperstein wurde auf Initiative aus der Familie am 15. August 2013 verlegt.

Obwohl Arthur Sello in „privilegierter Mischehe“ lebte und zunächst nicht unmittelbar bedroht war, wuchs in den Kriegsjahren ständig die Angst der Familie vor der Deportation. Bei einem Fliegerangriff am 6. März 1944, bei dem auch die Johanneskirche schwer beschädigt wurde, wurde er durch eine Fliegerbombe getötet.

(Siehe auch: Hans Bergemann, Jüdische Richter in der Berliner Arbeitsgerichtsbarkeit 1933, Berlin 2013, S. 98ff) + Maria Sello, 1933 – 1945: Leben unter Hitler, in: Arnulf. H. Baumann (Hg.), Ausgegrenzt, Schicksalswege „nichtarischer“ Christen, Hannover 1992, S. 12 – 45)

(13) Beim Reifträgerweg 19 liegt seit dem 26.04.2013 der Stolperstein für Friedrich Rudolf Guttstadt (1881 – 1939). Er wuchs in Berlin auf und studierte Jura in Straßburg. Am Ersten Weltkrieg nahm er als Offizier teil und wurde mit dem EK 1 ausgezeichnet. In den zwanziger Jahren war er als Reichswirtschaftsgerichtsrat tätig. 1933 wurde er zwangsweise in den Ruhestand versetzt, da seine Großeltern Juden waren. Die von ihm geförderte und hochgeschätzte Akademische Turnverbindung Cheruscia-Burgund legte ihm den Austritt nahe. 1934 ließ er das in den 90er Jahren abgerissene Haus im Reifträgerweg 19 bauen, in dem er nach der Pogromnacht 1938 von der Gestapo verhaftet wurde. Ein Zeitzeuge berichtete: Als er damit rechnen musste, verhaftet zu werden, zerbrach er seinen Offiziersdegen und warf ihn in die Mülltonne. Als kranker und gebrochener Mann kehrte Friedrich Rudolf Guttstadt aus dem KZ Sachsenhausen zurück und starb am 8. Januar 1939. Der Stolperstein wurde auf Initiative der Enkeltochter am 26. April 2013 verlegt.

  • (14) Im Kirchblick 3, keine 250m von derKirche entfernt, wurden für die Familie Casparius 2014 Stolpersteineverlegt. Der Kaufmann Richard Casparius (1883 – 1942) und seine Ehefrau Hilda (1893 – 1943) zogen im Sommer 1923 hier zusammen mit ihrer dreijährigen Tochter Gerda (1919 – 1993) ein. Zwei Monate später wurde ihr Sohn Alfred (1923 – 2008) geboren.

Dort lebten sie knapp 16 Jahre lang bis zur Enteignung im März 1939. Noch im gleichen Monat emigrierte der Sohn Alfred in die Niederlande, einen Monat später flüchtete Gerda nach England.

Das Ehepaar Casparius wohnte nach der Vertreibung aus ihrem Haus im Kirchblick in der Schloßstraße in Steglitz. Richard Casparius erkrankte Anfang 1942 schwer und starb im Februar 1942. Er wurde auf dem Jüdischen Friedhof in Weißensee beigesetzt.

Ein Jahr später, am 1. März 1943 wurde Hilda Casparius mit dem 31. Osttransport nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Ihr Todestag ist nicht bekannt.

Der Sohn Alfred Casparius (1923 – 2008) wurde in den Niederlanden mit 19 Jahren in das Lager Westerbork –wie die Flatows, siehe S. 12- eingeliefert. Dort fand er in dem Mitgefangenen Max Pander einen väterlichen Freund. Als Alfred nach Auschwitz deportiert werden sollte, konnte Max Pander dies verhindern. Er selbst wurde jedoch 1944 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet

Am 12.04. 1945 gehörte Alfred zu den ca. 900 Gefangenen, die in Westerbork von den Alliierten befreit wurden. Zwei Jahre später emigrierte er zusammen mit seiner Schwester Gerda nach New York. In Amerika heiratete er und lebte mit seiner Familie in Florida, wo er 2008 verstarb. (Quelle: u.a. ITS Arolsen)

Am 15.09.2014 wurden zusammen mit Konfirmanden der Gemeinde die vier Stolpersteine für die Familie Casparius vor dem Haus verlegt.

  • (15) Vor dem Haus Am Schlachtensee 38 wurden nach Recherchen des Schülers Bruno Thur am 14.06.2021 Stolpersteine für Charlotte (1890 – 1943) und Wolf Malinowski (1882 – 1943) verlegt. Wolf Malinowski arbeitete bis zum Berufsverbot für Juden als Jurist in der Filmbranche und war mit seiner Frau 1921 in das Haus nach Schlachtensee gezogen. 1941 wurden sie gezwungen ihr Haus an das Luftgaukommando zu verkaufen. Ihr Versuch nach Palästina auszuwandern, scheiterte und am 17. Mai 1943 wurden sie mit dem 38. Transport nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.
  • (16) Sieben Stolpersteine wurden für die Familie Schocken am 23.03.2023 vor der großen Villa in der Limastraße 29 verlegt. Das Haus war 1907/8 unter Leitung des großen Architekten Hermann Muthesius erbaut und von dem erfolgreichen Warenhausbesitzer Salman Schocken 1927 erworben worden.

Salman Schocken erkannte frühzeitig die tödliche Gefahr, die durch die staatlich legitimierte Gewaltherrschaft der Nazis entstanden war und organisierte schon Ende 1933 die Emigration seiner ganzen Familie nach Palästina und in die USA. Seine Firmen und sein Haus wurden ihm alle schrittweise bis 1939 geraubt. Er suchte und fand seine Zukunft in Palästina und später in New York. Er baute u.a. den bekannten Haaretz Verlag in Israel auf.
Verlegt wurden Stolpersteine für Salman Schocken (1877 – 1959), seine Frau Zerline Schocken (1889 – 1958) und die Kinder Gustav Schocken (1912 – 1990), Theodore Schocken (1914 – 1975), Eva Schocken (1918 – 1982), Walter Schocken (1919 – 1981) und Micha Schocken (1923 – 1982).
Über das Haus hat Jochen Mindak aus unserer AG Spurensuche im Zusammenhang der Stolpersteinrecherchen das Buch: Die Schocken Villa im Transit-Verlag 2022 veröffentlicht. (ISBN: 978-3-88747-395-2)

  • (17) Für Caecilie Weiß (1863 – 1942) wurden schon im März 2009 beim Haus in der Kleiststraße 12 ein Stolperstein verlegt. Sie war dort mit ihrem Mann Julius Weiß bald nach 1900 eingezogen, nach dem Tod ihres Mannes wohnte sie wieder dort bei ihrem Sohn Siegfried. Caecilie Weiss wurde mit dem 64. Alterstransport am 22. September 1942 nach Theresienstadt deportiert, wo sie keine drei Monate später am 7. Dezember 1942 ermordet wurde. Die Todesursache war offiziell „Darmkatarrh“.
  • (18) Der Stolperstein für Max Cantor (1870 – 1944) vor dem Haus in der Limastraße 2 erinnert seit dem 09. Mai 2011 an den Chemiker Dr. Max Cantor, bis zu seiner Entlassung Angestellter der IG Farben war. Vermutlich weil er Anfang 1944 Kenntnis von seiner bevorstehenden Deportation erhielt, setzte er am 17. Februar 1944 seinem Leben ein Ende. Er wurde offenbar aber noch lebend aufgefunden und die Nazis haben wie bei anderen Selbstmordversuchen auch versucht, ihn „zu retten“, um ihn dann zu deportieren und umzubringen. Dr. Max Cantor ist aber im Jüdischen Krankenhaus verstorben.
  • (19)  Die letzte Station auf diesem Rundgang ist der Stolperstein für Dr. Johannes Kreiselmaier (1892 – 1944) vor der Goethestraße 2. Er war zuerst als Landarzt in Thüringen und in Lehnin/Brandenburg tätig, bevor er 1938 eine Arztpraxis in Zehlendorf eröffnete. 1943 erhielt er über politische Freunde Kontakt zur Widerstandsgruppe um Franz Jacob und Anton Saefkow und stellte seine Praxis für illegale Besprechungen und als Quartier zur Verfügung, spendete Geld und leistete medizinische Hilfe für Zwangsarbeiter und für untergetauchte Mitstreiter der Gruppe. Am 08.07.1944 wurde er verhaftet, am 19.09.1944 vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und im Zuchthaus Brandenburg-Görden am 27.11.1944 hingerichtet.
  • (20) Vor dem Haus in der Rolandstraße 2 liegt der Stolperstein für Gertrud Gerson (1876 -1943), den die Urenkeltochter initiiert hatte und der am 14.08. 2021 verlegt wurde. Gertrud Gerson wohnte dort mit ihrem Mann, dem ersten Schlachtenseer Arzt Carl Gerson, der schon 1925 verstarb. Trotz aller finanzieller Schwierigkeiten blieb die Familie bis 1938 in dem Haus wohnen, das sie dann verkauften mussten. Die Kinder konnten emigrieren oder sich den Verfolgungen entziehen. Gertrud Gerson wurde 1942 nach Theresienstadt deportiert und am 19. November 1943 dort ermordet.
  • (21) Rolandstraße 4 Die fünf Stolpersteine für Familie Fromm und Brandenburg wurden im Beisein von Nachfahren der Familie am 04. September 2010 verlegt. Der Patriarch der Familie Julius Fromm war der Gründer der weltbekannten Gummiwarenfabrik Fromm. Die Nazis enteigneten ihn, ließen ihn aber nach England emigrieren. Angehörige der Familie Fromm/Brandenburg konnten in dem Haus wohnen, das die Nazis schrittweise zu einem sog. „Judenhaus“ machten und dort andere jüdische Familien wie die Malinowskis (Am Schlachtensee 38) einquartierten, bevor sie sie deportierten und ermordeten. Aus der Rolandstraße 4 wurden in der Frühe vom 03.März 1943 Elvira Fromm, geb. Silbergleit (1887 – 1943), Esther Brandenburg, geb. Fromm (1893 – 1943) und ihr Mann Willy Brandenburg (1890 – 1943) deportiert und am 07. März 1943 in Ausschwitz ermordet. Lisbeth Brandenburg (1895 – 1942) war schon am 15.07.1942 mit dem 22. Berliner „Alterstransport“ nach Theresienstadt verschleppt worden, wo sie am 15. April 1943 starb. Berthold Fromm (1914 -1942) wurde als einer der 250 willkürlich verhafteten Juden zur „Sühne“ des Anschlags der Gruppe Baum auf die Propagandaausstellung „Das Sowjetparadies“ am 28.5.1942 im KZ Sachsenhausen erschossen.

Über die Familie Fromm haben Götz Aly und Michael Sontheimer ein Buch unter dem Titel: Fromms geschrieben. (Frankfurt am Main 2007, S. Fischer Verlag, ISBN: 978-3-10-000422-2)

(22) Neun Stolpersteine wurden für weit verzweigte Familie Sultan/Victorius vor dem Haus in der Ernst-Ring-Straße 2 am 10.08.2023 verlegt. Dort wohnten seit 1927 Adolf und Coba Sultan mit ihrer großen Familie. Adolf Sultan war als Spirituosenfabrikant erfolgreich, seine Liebe aber galt der Musik. In der Familie wurde viel musiziert und die jüngste Tochter Grete Sultan wurde später eine bekannte Pianistin. (Siehe: Moritz von Bredow, Die rebellische Pianistin, Mainz 2012, (Schott Music Verlag) ISBN  978-3795708009)

Unter den Nazis galten die Sultans als Juden und die Verfolgungen und Demütigungen nahmen schrittweise zu. Im Januar 1939 wurde ihnen ihr Hab und Gut weggenommen und auch das Haus mussten sie verkaufen. Einige der Familienmitglieder konnten fliehen, Adolf Sultan starb kurz vor dem Termin seiner Ausreise. Die Tochter Claere Sultan wurde am 28. September 1943 mit dem 43. Osttransport deportiert und am 28. Oktober 1943 in Auschwitz ermordet, ebenso die zwei Hausangestellte Heinrich Gumpert und Gertrud Schneider, die ein fester Bestandteil der Familie waren.

Es wurden Stolpersteine verlegt für Adolf Sultan (1861 – 1941), Ida Rosa (Coba) Sultan (1872 – 1958), die Töchter Klara Paula (Claere) Guttsmann, geb. Sultan (1891 – 1943), Johanna Margarete (Grete) Sultan (1906 – 2005) und ihre Cousine Beate Berwin (1885 – 1971), sowie die Tochter Gertrude Victorius (1896 – 1995) und deren Tochter Marianne Victorius (1929), die alle in dem Haus in der Ernst-Ring-Straße ihren letzten freigewählten Wohnsitz hatte, ebenso die Hausangestellten Heinrich Gumpert (1904 – 1944) und Elisabeth Schneider (1897 – 1942).

Plätze und Orte

( a ) Vor der Kirche liegt der Heinrich-Albertz-Platz, der am 18. Mai 2004, dem 11. Todestag, nach ihm benannt worden ist. Heinrich Albertz war Regierender Bürgermeister von Berlin in den Jahren 1966 – 1967 und von 1974 – 1979 Pfarrer in Schlachtensee.

( b ) An der dortigen Ecke befand sich in der Nazizeit auf dem Grundstück Dubrowstraße 21/23 das „SS-Haus“, bewohnt von SS-General August Heißmeyer (1897 – 1997(!)) mit seiner Frau, der Reichsfrauenführerin Gertrud Scholtz-Klink (1902 – 1999(!)) und später von SS-Generalmajor August Frank (1898 – 1984(!)).

Gegenüber in dem Haus mit dem Turm (Dubrowstraße 14) wohnte seit 1944 Ruth Wendland (1913 – 1977), Pfarrerin der Bekennenden Kirche und als „Gerechte unter den Völkern“ Geehrte, die dort am 24. April 1945 ihren Schützling Wolfgang Hammerschmidt versteckte.

Mit ihm hörte sie in der Nacht die besoffen grölenden SS-Leute vor ihrem Abzug von gegenüber und am nächsten Morgen die Panzerketten der russischen Panzer, die dann auf der Kreuzung standen. 

(Siehe auch: Wolfgang Hammerschmidt, Spurensuche, Gießen 1996, dort Kapitel 5: Befreiung) 

( c ) Auf dem Dreiecksplatz zwischen Niklasstraße, Lindenthaler Allee und Rhumeweg stand das sogenannte „erste antisemitische Denkmal Deutschlands“ für Theodor Fritsch, nach dem auch die Straße damals benannt war. Theodor Fritsch war ein bekannter antisemitischer Publizist und Verleger, der 1933 verstarb. Das Denkmal rissen die Nazis 1943 selber wieder ab, weil sie das Metall für ihre Waffenproduktion brauchten.

Die Nazis beließen es nicht bei der Benennung eines Platzes nach einem Antisemiten, sie benannten auch zahlreiche Straßen in der Umgebung entsprechend um. Dieser Platz wurde am 12. Oktober 2014 nach Georg und Hedwig Flatow benannt, für die an demselben Tag, ihrem 70. Todestag, Stolpersteine vor ihrem Haus in der Niklasstraße 5 verlegt wurden.

http://www.tagesspiegel.de/berlin/bezirke/zehlendorf/9057034.html

( d ) Niklasstraße 12: Hier wohnte seit 1940 Cäsar von Hofacker (1896 – 1944) mit seiner Familie. Sie waren mit der Familie von Simson (Gilgestraße 7) eng befreundet.Cäsar von Hofacker unterstützte am Anfang die Nazis, schloss sich aber später dem militärischen Widerstand um Graf von Stauffenberg, seinem Vetter, an und wurde Mitglied des Stabes von General von Stülpnagel in Paris. Am 20.Juli 1944 leitete er den erfolgreichen Umsturzversuch in Paris. Er wurde verhaftet, vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und am 20.12.1944 in Plötzensee hingerichtet. Zu Cäsar von Hofacker und seiner Familie finden Sie unter: www.meinschlachtensee.de/hofacker  einen weiterführenden Beitrag.
Außerdem:   http://de.wikipedia.org/wiki/Caesar_von_Hofacker

( e ) Im Ilsensteinweg stand auf dem Grundstück 19 – 23 eine Fabrik für medizintechnische Apparate, die während der NS-Zeit als Schuhfabrik genutzt und mit Zwangsarbeitern betrieben worden sein soll. Ab 1963 nutzte es die Kirchengemeinde als Gemeindezentrum, das in den umgebauten Gebäuden entstanden war. 1998 wurde es abgerissen und mit neuen Wohnhäusern bebaut.

Gegenüber auf den Grundstücken 16 – 18a stand von 1911 – 1964 das große Wohnhaus von Johanna Königsberger (1864 – 1942),die mit Modeschmuck reich geworden war, schon in den 20Jahren dann verarmt bei der Familie Stöhr in der Spanischen Allee 8 lebte und 1942 von dort deportiert wurde. Ein Stolperstein (10) wurde dort für sie verlegt.

( f ) Gegenüber am Dubrowplatz 4 wurde die erste Schlachtenseer Gemeindeschule 1911 errichtet, nachdem die Baracke in der Niklasstraße 26/28 zu klein geworden war. 1929 erwarb die Gemeinde das Haus und baute es zum Gemeindehaus um, das bis 1963 genutzt wurde. Das Haus ist heute noch im Gemeindebesitz und die Kita ist dort die ganze Zeit untergebracht.

( g ) Bei der Nr. 66 der Niklasstraße steht der als Verlängerung der Hauszeile getarnten Hochbunker der Siedlung des Wohnungs-Vereins-Neukölln.

( h ) An der Ecke Breisgauer Straße/Spanische Allee liegt der Guernicaplatz. Er erhielt auf Initiative einer Bürgergruppe aus den Schlachtenseer und Nikolasseer Kirchengemeinden 1998 diesen Namen, um zu der Ehrung der Legion Condor durch die Umbenennung der ehemaligen Wannseestraße in Spanische Allee im Jahre 1939 einen Kontrapunkt zu setzen.

( i ) Auf dem Grundstück Waldsängerpfad 3 steht ein von dem Bauhausarchitekten Peter Behrens für den bekannten Sozialpsychologen Prof. Dr. Kurt Lewin erbautes Haus, das nach seiner Emigration 1935 von Gertrud (Trude) Wisten (1902 – 1986) für die Familie gekauft wurde. Ihr Mann, der Schauspieler und Regisseur Fritz Wisten (1890 – 1962), durfte als Jude das Haus nicht erwerben.

Die Familie war kurz vorher aus Stuttgart nach Berlin gezogen, wo Fritz Wisten die Leitung des Theaters des Jüdischen Kulturbundes übernahm. Trotz der eigenen Verfolgungen und zeitweisen Verhaftungen durch die Nazis versteckten die Wistens in ihrem Haus jahrelang untergetauchte Juden und andere Menschen. Sie konnten, auch mit Hilfe des in der Nachbarschaft wohnenden Admiral Canaris, der einer der führenden Geheimdienstoffiziere des Dritten Reiches war, überleben. Trude Wisten wurde als Gerechte unter den Völkern von der Gedenkstätte Yad Vashem geehrt. Für Fritz Wisten wurde 2014 eine Berliner Gedenktafel am Haus angebracht.

(Siehe auch: https://www.tagesspiegel.de/berlin/bezirke/verfolgte-und-stille-helden-der-ns-zeit-fritz-und-trude-wisten-8122399.html     und

Thomas Blubacher, Das Haus am Waldsängerpfad, Berlin 2020 (Berenberg Verlag), ISBN: 978-3-946334-79-8)

( j ) In dem unscheinbaren Haus im Waldsängerpfad 17 wohnte seit 1936 Admiral Wilhelm Canaris (1887 – 1945). Er war von 1935 bis 1944 Leiter der „Abwehr“, des militärischen Geheimdienstes der Wehrmacht. Im Ersten Weltkrieg war er bei der Marine u.a. als Agent und U-BootKommandant eingesetzt. Während der Zeit der Weimarer Republik arbeitete er eng mit den Freikorps u.a. zur Bekämpfung der Spartakisten zusammen. Canaris war auch maßgeblich an der Organisation der deutschen Unterstützung für Franco im Spanischen Bürgerkrieg beteiligt. Als Leiter des militärischen Nachrichtendienstes war er in allen größeren Militäroperationen des Deutschen Reiches im Zweiten Weltkrieg bis Anfang 1944 eingebunden.

Ab 1938 unterstützte er Teile des militärischen Widerstands und war zwischen 1938 und 1940 an Umsturzplänen beteiligt. Er übermittelte auch über ihm zugängliche geheime Kanäle wichtige Informationen über deutsche Angriffspläne an alliierte Stellen. Zugleich deckte er die Bemühungen von Hans von Dohnanyi, der auch in seinem Amt tätig war, um Berliner Juden als Geheimdienstagenten getarnt, in die Schweiz zu bringen, was gelang. (Unternehmen Sieben).

Mehrfach hat er sich für die Familie Wisten verwand und jeweils erreicht, dass sie nach Verhaftungen kurze Zeit später wieder freigelassen wurden. Zwischen den Töchtern beider Familien bestand eine enge Freundschaft, so dass Canaris die schwierige Situation der Familie Wisten kannte.

In das Attentat vom 20. Juli 1944 auf Adolf Hitler war er nicht direkt involviert, wurde aber verhaftet. Bei Untersuchungen der Geheimen Staatspolizei wurde sein Tagebuch gefunden und damit sein Kontakt zum Widerstand gegen den Nationalsozialismus bekannt. Auf ausdrücklichen Befehl von Hitler wurde er am 9. April 1945 zusammen mit Generalmajor Hans Oster und Dietrich Bonhoeffer von einem SSStandgericht im Konzentrationslager Flossenbürg zum Tode verurteilt und gehängt.

(Siehe auch: https://www.tagesspiegel.de/berlin/bezirke/tater-und-widerstandler-3711949.html und auch: Heiko Suhr, Lehrjahre eines Geheimdienstchefs (1905 – 1934), Kiel 2020, (Wachholtz Verlag) ISBN: 978-3-529-02224-1)

Anmerkung:

Mit dem im Text mehrfach erwähnten „Gedenkbuch“ ist das Gedenkbuch des Bundesarchivs für die Opfer der nationalsozialistischen Judenverfolgung in Deutschland (1933-1945) gemeint. Es ist im Internet einsehbar: ( http://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch )

Und hier geht es zu meiner privaten Homepage: familienseitejordan

Kontakt:  schlachtensee   und dann gleich   @jordandirk.de